Herbert Krems
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Der Praxisleitfaden zur Schadenbearbeitung bei Versicherungsschäden
an elektrischen und elektronischen Anlagen . Hard- und Software
 

Schadenbearbeitung - LIONS Club Bad Honnef - Praxisleitfaden


Beispiel eines Betriebshaftpflichtschaden

Vorbemerkungen:

Der Versicherungsnehmer ist die DATA-System GmbH, ein EDV-Systemhaus. Die Firma hat eine Betriebshaftpflichtversicherung bei einer Versicherung abgeschlossen, die als „versichertes Risiko" den Handel und die Installation sowie die Wartung und Pflege von Hard- und Software benennt.

Geschädigter ist ein Auftraggeber und zwar die Steuerberatungskanzlei Rudolf Pfennig.

Die Kanzlei Pfennig hatte der DATA-System GmbH den Auftrag zur Lieferung und Installation eines PC-Netzwerkes inkl. Einrichtung sämtlicher dazugehöriger Programme erteilt. Zum Lieferumfang gehörte auch Datensicherungs-Hard- und Software. Nachdem die Mitarbeiter der DATA-System GmbH die Auftragsarbeiten abgeschlossen hatten, wurde die Gesamtlieferung inkl. Installation von den Mitarbeitern der Steuerberatungskanzlei getestet und für mangelfrei befunden. Auch die Datensicherungseinheit wurde mit Sicherung und Rücksicherung getestet. Die Mangelfreiheit von Lieferung und Leistung wurde im Abnahmeprotokoll schriftlich bestätigt.

Beschreibung des Schadenherganges:

Nachdem sich die gelieferte Anlage bereits zwei Jahre in Betrieb befand, trat am Server ein Festplattenfehler auf, der den Austausch der Festplatte erforderlich machte. Das Hardware-Service-Unternehmen vergewisserte sich vor Austausch der Festplatte, dass aktuelle Datensicherungen der Festplatte vorlagen. Die Datensicherungen wurden durch die Mitarbeiter der Kanzlei im vorgesehenen Umfang durchgeführt und dokumentiert. Das Hardware-Service-Unternehmen wechselte die Festplatte gegen eine neue aus und stellte bei der Rücksicherung der Daten fest, dass die Datensicherung lediglich von unwesentlichen Statistikdateien gemacht wurde, jedoch die eigentlichen betriebsrelevanten Informationen nicht gesichert wurden.

Da während der zweijährigen Nutzungsdauer an den Programmeinstellungen durch die Steuerberatungskanzlei nachweislich keinerlei Veränderungen vorgenommen wurden, war die fehlerhafte Installation der Datensicherungssoftware durch die DATA-System GmbH nachweisbar.

Beschreibung des sofort feststellbaren Schadens:

  1. Datenverlust durch Fehler bei der Installation der Datensicherungssoftware
  2. Betriebsunterbrechung wegen der fehlenden aktuellen Daten.

Beweissicherung:

Protokoll des Hardware-Service-Unternehmens über die nur bedingt mögliche Datenrücksicherung.

Schadenersatzforderung:

  1. Mangelbeseitigung,
    d.h. korrekte Installation der Datensicherungssoftware.
  2. Wiederherstellung des Zustandes vor Eintritt des Festplattenschadens durch erneute Eingabe der verloren gegangenen Daten
  3. Ersatz des durch die Betriebsunterbrechung entstandenen Vermögensschadens.

Verhalten des Schadenverursachers:

Schadenverursacher ist die Firma DATA-System GmbH, die zunächst den Schaden ihrer Versicherungsgesellschaft meldet (vgl. Musterbrief). Ausserdem teilt die DATA-System GmbH dem geschädigten Steuerberater Namen und Anschrift sowie Versicherungsschein-Nr. seiner Betriebshaftpflichtversicherung mit, damit dieser seine Ansprüche direkt gegenüber der Versicherung geltend machen kann.

Schadenbeurteilung:

Bei dem vorliegenden Beispiel liegt einerseits ein versteckter Mangel andererseits ein Bearbeitungsschaden vor, denn die korrekte Installation der Datensicherungssoftware gehörte zum Auftragsumfang des Systemhauses. Der Bearbeitungsschaden ergibt sich aus der nun unbrauchbar vorliegenden Datensicherung. (vgl. § 4 Abs. I Ziff. 6b AHB)

Die korrekte Installation der Datensicherungssoftware stellt einen Anspruch auf Mängelbeseitigung dar. Es liegt insoweit kein versicherter Schaden und damit keine Eintrittspflicht des Versicherers vor. Die Neuinstallation ist im Rahmen der Gewährleistung vom Systemhaus kostenfrei durchzuführen.

Die Datenrekonstruktion aus Akten und Aufzeichnungen der Mandanten der Steuerberatungskanzlei ist ebenso wie evtl. anfallende Mehrarbeitszuschläge und ein evtl. Betriebsstillstand und damit die dazugehörigen Personalaufwendungen dem Schaden zuzurechnen.

Verhalten des Geschädigten

Herr Pfennig ist ausser sich, umgehend schickt er eine Schadenmeldung an die Versicherung der DATA-System GmbH in der er seine vorläufigen Schadenersatzansprüche auflistet (vgl. Musterbrief).

Gleichzeitig veranlasst Herr Pfennig, dass ein Mitarbeiter die Unterlagen des ursprünglichen Auftrags an die Firma DATA-System GmbH aus dem Archiv heraussucht. Zur kompletten Dokumentation gehören das Angebot, der Auftrag nebst Auftragsbestätigung, Lieferscheine, Tätigkeitsnachweise, Abnahmeprotokoll und Rechnungen. Ausserdem veranlasst er, dass alle Mitarbeiter eine Aufstellung der von Ihnen betreuten Mandanten und deren Steuerterminen machen, damit die Mandanten und deren Finanzämter über die Bearbeitungsverzögerung sofort informiert werden können. Daraufhin lässt er seine Mitarbeiter sofort mit der Datenrekonstruktion beginnen, um so schnell wie möglich wieder den Datenbestand vor Schadeneintritt herzustellen. Er ordnet hierfür für alle Mitarbeiter Überstunden an und verhängt bis auf weiteres eine Urlaubssperre über seine Angestellten. Aufgrund der derzeit fehlenden Daten können wichtige Termine für die Abgabe von Steuererklärungen nicht eingehalten werden, dies bedeutet nicht nur Ärger mit den jeweiligen Kunden, sondern u.U. die Festsetzung von Säumnis- und Verspätungszuschlägen durch die Finanzämter der Kunden.

Bearbeitung des Schadens bei der Versicherung

In vorliegendem Beispiel wird die Schadenabteilung sofort nach Eingang der Schadenmeldung sowohl Deckung (Sind Bearbeitungsschäden mitversichert?)als auch die Deckungssummen (Bis zu welcher maximalen Schadenhöhe leistet die Versicherung für Bearbeitungsschäden?) prüfen.

Für die Prüfung zum Grund und zur Höhe des Schadens wird ein unabhängiges Sachverständigenbüro vom Versicherer beauftragt, welches sowohl die Ursächlichkeit des Schadens als auch die technischen und kaufmännischen Konsequenzen aus dem Schadenereignis prüft.

Prüfung des Schadens zum Grund und zur Höhe durch ein Sachverständigenbüro

Das Sachverständigenbüro erhält die beiden Schadenmeldungen der beteiligten Firmen und den Prüfungsauftrag. Umgehend wird nun mit den Parteien ein Ortstermin vereinbart um eine Schadenhergangsrekonstruktion zur Plausibilitätsprüfung durchzuführen. Anschliessend werden mit den Parteien die Möglichkeiten der Schadenbeseitigung erörtert und unter Schadenminderungs-Gesichtspunkten der voraussichtlich kostengünstigste Weg angeregt.

Der Geschädigte ist in seiner Entscheidung frei, welchen Weg der Schadenbeseitigung er wählt. Er muss jedoch in jedem Fall die Schadenminderungspflicht beachten. Erhöhten Mehraufwand gegenüber den Feststellungen des Sachverständigen kann er nur dann verlangen, wenn insoweit ein Prognosefehler des Sachverständigen vorliegt.

Nach Vorlage des Ergebnisses der Prüfung durch das Sachverständigenbüro bei der Versicherung prüft diese abschliessend Ihre Leistungspflicht, begrenzt durch die Deckungssummen, und entschädigt gemäss Versicherungsvertrag.

Hinweis

Gerade bei Policen mit Einschluss von Bearbeitungsschäden ist zu beachten, dass die versicherte höchstmögliche Schadensumme so ausreichend bemessen ist, dass keine das versicherte Unternehmen existentiell bedrohende Unterdeckung besteht.

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